In meiner journalistischen Tätigkeit bin ich für verschiedene Printmedien tätig. Monatlich werde ich hier Auszüge von Texten einstellen, die in verschiedenen Tageszeitungen erschienen sind.

 

Schellengeläut aus dem Thüringer Wald

Familie Venter aus Kleinschmalkalden liefert bereits über 125 Jahre in alle Welt

Das war ein idyllisches Bild! Schlechthin ein Postkartenmotiv in bester Vollendung. Der Hirt kam jeden Morgen durch das Dorf. Er blies in sein Horn und die Leute wussten, dass es an der Zeit war, die Tiere auf die Weide zu schicken. Fast jeder Haushalt in Thüringen hielt Kühe, Ziegen oder Schafe, schließlich hielten unsere Vorfahren auf Selbstversorgung.

An dem typischen Klang der jeweiligen Schelle konnte das Tier wieder erkannt oder im Notfall in Wald und Flur wieder gefunden werden. So war der Zulauf entsprechend groß. An den niederschlagsreichen Berghängen des Thüringer Waldes mit seinen saftigen Bergwiesen erfolgte seit Jahrhunderten ein reger Weidebetrieb, der einen Bedarf an Herdenglocken zur Folge hatte. So kommt es, dass unter anderem in Kleinschmalkalden seit über 200 Jahren das seltene Handwerk der Schellenschlosserei betrieben wird.

Neben den gegossenen Glocken trugen die Tiere aus Eisenblech geschmiedete Schellen um den Hals. Diese wurden in verschiedenen Größen in den so genannten Schellenschmieden angefertigt. In der Umgangssprache wird nicht unbedingt zwischen Glocken und Schellen

 
unterschieden. Konrad Hörmann befasste sich intensiv und erfolgreich mit dem Thema Herdengeläute und kam zu dem Schluss, dass gerade in Thüringen und im Harz eine besondere Form der Schelle entstand, der so genannte "Thüringen-Harzer Schellentyp". Es sind hochständige Schmalschellen mit gesatteltem Rücken. Sie sind entschieden höher als breit und können in der Vorderansicht am unteren Rand schmaler oder breiter sein oder auch die gleiche Breite besitzen. Bei den Schellen sind die Namen Biller, Lammschelle, Beischlag, Augschelle, Halbstumpf, Mengel, Mittelstumpf, Bass und Generalbass je nach ihrer Größe bekannt. Werbematerial der Glockenschmiede August Venter aus Kleinschmalkalden aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg gibt Auskunft darüber, dass sich dort  die Größe von 7-13 bzw. 14 cm bewährt hatten und  als abgestimmte Geläute von 4 bis 36 Stück angeboten wurden. Die Schellenschmiede Venter, heute die Firma Venter Glocken GmbH, ist im Jahre 1874 von Johann Friedrich Venter in Kleinschmalkalden gegründet worden. Bei der damaligen Nachfrage existierten weit mehr Schellenschmieden, die Konkurrenz war nicht außer Acht zu lassen. Bis 1945 wurden in Suederode im Harz Schellen hergestellt, auch in Ohrdruf schmiedeten fleißige Hände am Geläut. In allen urkundlichen Quellen allerdings wird der Raum um Schmalkalden stets als Schwerpunkt der Schellenherstellung belegt, ein Katalog aus dem 19. Jahrhundert untermauert das, ohne allerdings explizit auf die Namen der damals tätigen Betriebe genau hinzuweisen. Die Gebrüder David und Christoph Fuchs stellten ab Ende der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts Schellen her, wie auch Michael Venter und Sohn sowie Friedrich
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Friedrich Möller und die Nachfolger Rudolf Weber und später die Firma Schüßler. Bis auf die Firma Venter-Glocken stellten diese Firmen in den 40er Jahren ihre Produktion ein.

Heute führen David Venter und Bärbel Hartig bereits in 4. Generation den Betrieb, der so manche Wirren der Zeit überstanden hat. In der DDR, als Kleinschmalkalden Pappenheim hieß, war er wie so viele Familienunternehmen in staatlicher Hand. Man nutzte jedoch das Engagement der Eigentümer und wusste, dass sie ihren Betrieb auch in staatlichem Besitz nach bestem Wissen und Gewissen weiter führen würden. "VEB Kunstgewerbe Pappenheim" stand damals über dem Betriebseingang. Am 1. Juni 1990 konnte das Schild wieder in "Venter Glocken GmbH" umgetauscht werden.

Leider werden heutzutage in Thüringen den Herdentieren immer weniger Geläute umgebunden. Aber wenn man mit der Zeit geht, dann ist Erfolg keine leere Phrase.
"Wir produzieren in der Gegenwart hauptsächlich für das Souvenirgeschäft.", erläutert David Venter. "Das ist das A und O. Die meisten unserer Schellen gehen in die deutsche Alpenregion, nach Österreich und in die Schweiz. Die Europameisterschaft im Fußball, die war ein wahrer Glücksfall für uns. Da sie in den Alpenländern stattfand, stieg die Nachfrage sprunghaft. Wir mussten Überstunden schieben, schließlich sollten alle Fußballfans und EM-Touristen ihre Schelle als Souvenir mit heim nehmen.“ Was im positiven Sinne gilt, bestätigt sich auch im negativen. David Venter weiß zu berichten, dass man die großen Wirtschaftskrisen auf dem Globus durchaus spürbar erlebt.
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Er erinnert sich an den 11. September. "Das haben wir tatsächlich gemerkt, die Nachfrage sank."
Angst und bange zu werden braucht dem Thüringer Traditionsbetrieb trotzdem noch lange nicht. Schließlich hat in den 135 Jahren des Bestehens schon so manche Windböe der Zeitengeschichte am Hause gerüttelt, und alles wurde wieder gerichtet. Ein Plus ist der globale Absatz der Glocken. David Venter dreht stolz den Globus. "Außer nach Deutschland und in die Alpenländer gehen unsere Produkte nach Italien, Frankreich, über den großen Teich nach Amerika und nach Australien."

Ein weiteres Plus, um im kalten Wind der Wirtschaft bestehen zu können, ist die ungeheuer breite Angebotspalette der Firma. Die reicht bei weitem über die normale Souvenirschelle hinaus.

Geläute für die heimische Haustür, für den Stammtisch und die Windgongs lassen keine Wünsche offen. Es ist ein sehr angenehmes Geräusch, wenn der Wind musiziert. (vielleicht Musikglocken noch erwähnen?)
Natürlich werden auch noch Herdengeläute angeboten. Sie trotzen Wind und Wetter dadurch, dass sie bei 1200 Grad veredelt werden und einen hochwertigen Korrosionsschutz besitzen. So werden sie den rauen Anforderungen des täglichen Weidebetriebes gerecht. Die Flach- und Schmalschellen können untereinander abgestimmt werden. Holzbügel, Lederriemen und Zierschnallen können je nach regionaltypischen Traditionen mitgeliefert werden, um das Bild vollständig zu machen.
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Ferienmonat August
Die Ernteferien spannten die Schüler Thüringens einst mächtig ein

Für viele erwachsene Thüringer waren die Sommerferien Dreh- und Angelpunkt des Jahres, als sie noch die Schulbank drückten. In DDR-Zeiten füllten sie mit in manchen Jahren bis zu achteinhalb Wochen Länge fast den ganzen Juli und August aus. Es gab Lehrer, die am 1. September bereits das Klassenbuch vorgetragen hatten, und ihren Schülern das große Ziel, den Beginn der Sommerferien präsentierten. Nach der Wende schrumpften die Sommerferientage zwar auf sechs Wochen und wandern hier und da, aber Zeit zum Entspannen bieten sie noch genug. Wie aber war es mit den Sommerferien in der "guten alten Zeit"? Um die vorletzte Jahrhundertwende herum? Für alle Sommerferienfreaks eine herbe Enttäuschung. Das kann schon mal im Voraus gesagt werden.

Keine endlos langen Tage und Wochen, indem man Abstand vom Alltag bekommen konnte. Gut, vom Schulalltag vielleicht.

Das Schultagebuch der Klasse vier von Ingersleben vermerkt für das Jahr 1894 die Dauer der Sommerferien vom 5. bis 27. August. Drei Wochen also. Das Schuljahr beschloß man mit einer Schulfeier zu Ehren des Geburtstages seiner "Königlichen Hoheit", des Herzogs. Ansonsten: Stoff bis zuletzt. Rechnen, Schreiben; Morgen- und Abendsgebet.Gut, so ein Höhepunkt mit Zeugnissen und Schuljahresabschluss waren die Sommerferien in diesen Jahren nicht. Zeugnisse gab´s zu Michaelis und vor Ostern. So war es damals. Doch eine herbe Enttäuschung nicht allein in der Hinsicht der Länge nach. In vielen ländlichen Klassenbüchern ist nicht mal der Begriff "Sommerferien" eingetragen. Nein. Hier steht schlicht und ergreifend "Ernteferien".

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So im Tagebuch der II. Klasse der vierklassigen Volksschule zu Ingersleben aus dem Jahr 1922. Lehrer Teller hat die Dauer der Ferien exakt festgehalten. Sie begannen am 30. Juli und endeten am Sonntag, dem 27. August. Der letzte Schultag war Sonnabend, der 29. Juli. Mag es damals heiß gewesen sein? Mit Sicherheit stand die Ernte ins Haus. Doch vorher bereiteten die Pädagogen der Schule noch einen Höhepunkt für ihre Schützlinge vor. Am ersten Ferientag stieg nämlich das Kinderfest auf dem Anger.Am letzten Schultag gab es keine Zeugnisse. So widmete sich die Klasse dem Einüben von Gedichten zum Kinderfest, in Deutscher Sprache und Orthographie ging es um eigene Erlebnisse, ein Teil der Klasse durfte den Fischfang mit Reusen beschreiben ... (gekürzt)  
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